
Hier finden Sie knapp die wichtigsten Informationen zum Thema Gesundheitskompetenz.
Was ist Gesundheitskompetenz?
Gesundheitskompetenz, im Englischen Health Literacy, ist ein hoch aktuelles Konzept weltweit. Doch was darunter verstanden wird, ist sehr vielfältig. Es kann sich dabei sowohl um die Lese- und Schreibfähigkeiten (Literacy) als auch um vielerlei persönliche Kompetenzen handeln.
Die Abbildung 1 veranschaulicht in strukturierter Weise die vielfältigen Verständnisse von Gesundheitskompetenz des Individuums von sehr eng zu sehr weit.

Im deutschsprachigen Raum wird die weite Definition von Sørensen et al. z. B. in Forschung und dem Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz aufgegriffen. Diese besagt:
„Gesundheitskompetenz basiert auf allgemeiner Literalität und umfasst das Wissen, die Motivation und die Fähigkeiten von Menschen, relevante Gesundheits-Informationen in unterschiedlicher Form zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, um im Alltag in den Bereichen der Krankheitsbewältigung, Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung Urteile fällen und Entscheidungen treffen zu können, die ihre Lebensqualität während des gesamten Lebensverlaufs erhalten oder verbessern“ (Sorensen 2012, Schaeffer 2018).
Auch die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization = WHO) definiert Gesundheitskompetenz (Health Literacy) sehr weit:
„Health Literacy has been defined as the cognitive and social skills which determine the motivation and ability of individuals to gain access to, understand and use information in ways which promote and maintain good health. Health Literacy means more than being able to read pamphlets and successfully make appointments.“
(WHO)
Ein weites Verständnis von Gesundheitskompetenz ermöglicht, viele Themen und Fähigkeiten darunter zu fassen. Will man jedoch Gesundheitskompetenz gezielt fördern, ist es wichtig, präzise zu definieren, was mit Gesundheitskompetenz gemeint ist. Im Anschluss kann man die geeignetsten Methoden zu deren Förderung auswählen, diese anwenden und den Erfolg der Intervention exakter ermitteln.
- Z. B. versteht man unter Gesundheitskompetenz Wissen, wird man Übungen auswählen, die der Vermittlung und der Auseinandersetzung mit Informationen dienen (z. B. Vorträge, Wissensabfragen etc.).
- Versteht man darunter die kognitiven Fähigkeiten, Informationen verarbeiten zu können, wird man kognitiven Strategien lehren (z. B. Schritt-für-Schritt-Anleitungen zur Beschaffung, Analyse und Bewertung von Informationen)
- Versteht man darunter – wie es in Sprach- und Integrationskursen wesentlich ist – die Fähigkeit, mündlich und schriftlich über Gesundheitsthemen kommunizieren zu können, wird man andere Methoden anwenden, z. B. Rollenspiele beim Arzt, Gespräch über gesundheitliches Befinden in der Familie etc. im Mittelpunkt stehen.
Zugewanderten Menschen wird oft eine geringe Gesundheitskompetenz zugeschrieben, weil sie Schwierigkeiten haben, mit gesundheitsbezogenen Informationen gut umzugehen. Dass die Gründe für diese Schwierigkeiten sehr unterschiedlich sein können, wird selten jedoch analysiert. Dies führt dazu, dass allgemeine Ansätze zur Förderung von Gesundheitskompetenz verwendet werden und keine passgenauen darauf eingegangen wird. Dass es aber möglich ist, wie einzelne Komponenten von Gesundheitskompetenz gezielt zu verbessern, erfahren Sie auf dieser Homepage. Im SCURA-Projekt unterscheiden wir dabei sieben zentrale Komponenten von Gesundheitskompetenz. (Hier geht’s zu den verschiedenen Komponenten von Gesundheitskompetenz und Unterrichtsaktivitäten).
Warum ist Gesundheitskompetenz wichtig? In welchen Situationen wird es bedeutsam?
Gesundheitskompetenz ist wichtig, um mit gesundheitsbezogenen Informationen gut umgehen zu können. Zum Beispiel
- beim Gespräch mit dem Arzt/der Ärztin,
- beim Lesen von Informationstexten und Formularen,
- beim Lesen des Beipackzettels eines Medikaments
- aber auch beim Gespräch in der Familie über das eigene Befinden,
- bei der Bewertung von Werbung zu Medikamenten, Lebensmitteln oder Sportangeboten,
- generell bei der Suche von Informationen über Gesundheit und beim Identifizieren und Verändern von gesundheitsschädlichen Einflüssen auf das eigene Leben.
- Zudem spielt es auch eine entscheidende Rolle beim gesundheitsbezogenen Handeln und insbesondere bei der Veränderung gesundheitsbezogener Gewohnheiten und Verhaltensweisen.
Studien zeigen, dass Menschen, die eine geringe Gesundheitskompetenz haben, große Schwierigkeiten haben, mit dem Arzt zu kommunizieren, was den Erfolg der Behandlung beeinträchtigt.
Wie wird Gesundheitskompetenz gemessen?
Viele Studien berichten, dass die Gesundheitskompetenz von einem hohen Prozentsatz der Bevölkerung nicht ausreichend oder problematisch ist. Um diese Aussagen beurteilen zu können, ist es wichtig zu wissen, wie die Gesundheitskompetenz gemessen wird.
Die Erhebungsinstrumente können grob in Performanz-Tests und Selbstauskunfts-Tests einteilen.
Ein weitverbreiteter Performanz-Test ist der REALM-Test (Rapid Estimate of Adult Literacy in Medince) aus der USA. Hierbei wird den Patient*innen eine Liste an 66 medizinischen Wörtern vorgelegt und gebeten, diese fehlerfrei vorzulesen. Die Anzahl der akkurat vorgelesenen Worte bestimmt das Niveau der Gesundheitskompetenz.
Ein weiterer Performanz-Test ist der Newest-Vital -Sign-Test bei dem die Patient*innen anhand der Nährwerttabelle einer Speiseeispackung sechs Fragen beantworten müssen. Dadurch sollen sowohl numerische Fähigkeiten als auch Fähigkeiten des Umgangs mit kontinuierlichen und diskontinuierlichen Texten erhoben werden.
Der dritte in Deutschland und Europa sehr verbreitete Test ist der HLS-EU-Q, ein Selbstauskunfts-Test. Dabei schätzen die Teilnehmer*innen ein, wie schwer/einfach ihnen 47 (bzw. 16) Situationen fallen: Z. B. den Anweisungen des Arztes folgen, einem Beipackzettel die Informationen entnehmen oder die Informationen aus Medien zu beurteilen. Denjenigen Teilnehmer*innen, die überwiegend ‘einfach’ oder ‘sehr einfach’ angeben, wird eine hohe Gesundheitskompetenz bescheinigt.
Zahlreiche weitere Instrumente zur Messung von Gesundheitskompetenz finden sich in der Zusammenstellung “Health Literacy Tool Shed“.
Eine große Schwachstelle dieser quantitativen Instrumente ist, dass sie meist nur einseitig die Kompetenzen des Individuums oder die Schwierigkeit eines Textes erfassen, aber selten beide Seiten der Gesundheitskompetenz (die Fähigkeiten des Einzelnen und die Anforderungen der Situation) einbeziehen. Des Weiteren ignorieren sie meist die vielen Besonderheiten der Auseinandersetzung mit gesundheitsbezogenen Informationen und den Einfluss des Kontexts auf deren Gebrauch.
Im Projekt SCURA sprechen wir uns für ein weites Verständnis von Gesundheitskompetenz als eine soziale Praxis aus. Dieses Verständnis umfasst sowohl die sieben Komponenten von Gesundheitskompetenz und lenkt den Blick darauf, wie Menschen in welchen Situationen/Kontexten mit welchen gesundheitsbezogenen Informationen umgehen. Zugleich erhalten Sie hier viele Informationen, um Gesundheit und Gesundheitskompetenz in Sprach- und Integrationskursen stärken zu können.
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Quellen: